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„Die Gesellschaft hat überhaupt kein Verhältnis zum Tod“

Beim Gottesdienst zur 25-Jahr-Feier des Ambulanten Hospizdienstes Monschauer Land wurde das Ende des Lebens intensiv thematisiert – Ehrenamtliche Mitwirkende wurden gewürdigt

„Schön, dass wir feiern können! Es tut gut, wieder beisammen zu sein.“ Volker Böhm brachte die positive, festliche Stimmung nach den monatelangen Corona-Entbehrungen gleich mit seinen ersten Bemerkungen auf den Punkt. Denn der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Monschauer Land hatte zum Jubiläumsgottesdienst in die Evangelische Kirche Roetgen an der Rosentalstraße eingeladen – in Präsenz und ohne lästigen Mundschutz. Sogar das eine oder andere von der Orgel begleitete Lied wurde frohgemut, wenn auch noch meist eher zurückhaltend, leise, angestimmt und mitgesungen. Der schmerzlich vermisste Alltag, die Fröhlichkeit kehrte ein kleines Stück wieder zurück.
Es galt, eine seit ihrem Bestehen zu einer überaus wertvollen Institution herangereifte kirchliche Initiative angemessen zu feiern: den Ambulanten Hospizdienst Monschauer Land. Bereits seit 25 Jahren wirkt diese Gemeinschaft von ehrenamtlich engagierten Menschen segensreich. Geführt und gelenkt wird der Hospizdienst von zwei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, den Sozialarbeiterinnen Margarete Steger und Simone Werker-Schwartz. Sie und ihre derzeit 35 Helferinnen – es wirken fast nur Frauen mit – unterstützen und begleiten Sterbende in der letzten Phase ihres Lebens.

Musikalische Begleitung mit Orgel- und Trompetenklängen

Man müsse sich „vergewissern, auf welcher Basis wir stehen, als Menschen vor Gott“, formulierte Pfarrer Böhm. „Der Tod gehört zum Leben – das Leben gehört zum Tod“, machte er in seinen Begrüßungsbemerkungen deutlich: „Das Leben geht weiter. Gott geht mit uns in eine andere Dimension.“ Es gelte, „Trost weiterzugeben in dem, was wir tun, in Hoffnungsorte“. Man könne Hoffnung weitergeben, „weil wir uns getragen wissen“.
Passend zum großen Thema des Gottesdienstes war auch das Evangelium nach Johannes, „Die Auferstehung des Lazarus“. Musikalisch umrahmt wurde die Feier an der Orgel von Christoph Goffart, während Ralf Dederichs schöne Klänge auf seiner Trompete beisteuerte.

Pfarrer Köhne stellte bei der Gründung die entscheidenden Weichen

Die Festpredigt übernahm Pfarrer i. R. Wolfgang Köhne, der Anfang des Jahres von seiner Roetgener Kirchengemeinde in den Ruhestand verabschiedet worden war. Er gehörte zu den Akteuren, die im Jahre 1996 die entscheidenden Weichen stellten, um den Ambulanten Hospizdienst ins Leben zu rufen. Köhne erinnerte zunächst daran, dass an jenem silbernen Festsonntag „Halbzeit“ von Ostern an sei: Damit sei bereits die erste Hälfte des Kirchenjahres um. Angelehnt an das „bessere Verstehen“ des Hospizdienstes griff der Geistliche Klagelieder auf, „das Schwärzeste in der Bibel“. Er verwies auf die Zerstörung des Tempels in Jerusalem, betonte „Schmerzen, Unrecht, Verlust, Enttäuschung“. Klagen seien „zutiefst menschlich“, merkte Köhne an und verwies auf die Sprache Hiobs, der das Elend im Volk zu einer Niederlage Gottes umdeutete, zu einer „Strafaktion gegen das Volk wegen Ungehorsams“. Die Schuld für das Leiden werde weggeschoben, von Gott auf die Menschen, „die Sünder“. Köhne sprach von „schwarzer Pädagogik“ nach dem Muster: „Wenn du nicht brav bist, wird sich der Herr strafen.“ Ein „grausames Gottesbild“, wie er befand.

Breites Programm an Fort- und Weiterbildungen für die Mitwirkenden

Der Pfarrer unterstrich, dass unser Wirtschaftssystem „keinen Umgang mit dem Tod“ habe – außer, dass man „bei einer Beerdigung Geld verdienen, einen Sarg verkaufen kann“. Wenn man nicht über den Tod spreche, „verschwindet er aus der Gesellschaft“. Die „Resonanzfähigkeit“ der Menschen sei „wesentlich“, so Köhne, zu sagen, „das berührt mich“, eine „Ergriffenheit: Das Wesen der Menschen ist, berührt zu sein.“ Bei der Begleitung von Sterbenden spreche die Ehrenamtlerinnen etwas an: „Sie lassen sich berühren. Ihre Aufgabe ist es, ein Sensorium zu entwickeln für das, was Sterbende aussenden, sich davon ansprechen zu lassen“, nannte Wolfgang Köhne damit eine entscheidende Aufgabe für das Engagement der Hospiz-Helferinnen. „Leben heißt Sterben, etwas Neues wird geboren.“

Nach einer Begleitung von Menschen in ihren letzten Lebensmomenten sei jede Ehrenamtlerin „ein anderer Mensch“. Das Wichtigste sei „Selbsterfahrung, an Grenzen kommen“. Dem diene auch das Programm an Aus- und Fortbildung, dass man den Mitwirkenden des Ambulanten Hospizdienstes zur Verfügung stelle. „Sie werden gebildet, als lebende Wesen, in der Gruppe. Ehrenamt heißt Gruppe, Gruppe heißt verbindlich sein“, gab der Pfarrer den Mitstreiterinnen in der Hospizarbeit mit auf ihren weiteren nicht einfachen Weg. Die Hospizgruppe bedeute „25 Jahre gemeinsames Leben, Lebensgemeinschaft: Wenn ein Feuer entsteht, entsteht Seele.“

Großer Dank an alle Mitwirkenden

Pfarrer Köhne stellte die Forderung auf, dass „Hospizarbeit politisch sein muss. Denn die Gesellschaft hat überhaupt kein Verhältnis zum Tod.“ Doch mittlerweile gehöre die Palliativmedizin wie selbstverständlich zum Curriculum der ärztlichen Ausbildung. „Unsere Wirksamkeit funktioniert“, schloss er aus solche Entwicklungen. Wichtig wäre es, „sich das System der Selbstwirksamkeit nicht aus der Hand nehmen zu lassen“.
Dann standen die ehrenamtlichen Mitstreiterinnen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die bereits von Beginn an dabei sind. Pfarrer Volker Böhm würdigte diese fünf Frauen. Sie hätten sich „verändert durch Begleitung, Austausch, Fortbildung, Gruppenerfahrung.“ Es sei „gut, richtig, schön, das zu feiern.“ 25 Jahre Mühen und gemeinsame Erfahrungen – das tut gut: Schön, dass es euch gibt!“ Und Böhm fügte an: „Herzlichen Dank an alle ehrenamtlich Mitarbeitenden im Ambulanten Hospizdienst unserer Kirchengemeinde Monschauer Land.“

Herzliche Feier in würdigem Rahmen

Seit einem Vierteljahrhundert sind Inge Kolle (aus Steckenborn), Jutta Müller (Walheim), Marianne Bauer (Steckenborn), Brigitte Neumann (Raeren/Belgien) und Gisela Liffmann (Roetgen) dabei. Diese fünf Frauen würdigte Pfarrer Böhm mit besonderen Geschenken. Zahlreiche weitere Hospizhelferinnen waren in den Gottesdienst gekommen, und ihnen wurde gleichfalls gedankt. Im Anschluss an den Gottesdienst ging die „weltliche'“ Feier gleichfalls im Gotteshaus weiter. Dazu wurde auch mit Getränken angestoßen. Zunächst wurden zugesandte Grußworte vorgetragen, vom Simmerather Bürgermeister Bernd Goffart (CDU), dem Diakonischen Werk Rheinland/Westfalen/Lippe und dem Itertal-Seniorenzentrum Simmerath.

Eine kurze Ansprache und Würdigung des Hospizdienstes gab es durch den Vorsitzenden des Presbyteriums der Kirchengemeinde, Pfarrer Jens-Peter Bentzin. Den Dank an alle am Fest Beteiligten sowie mit besonderer Herzlichkeit an die hauptamtlich tätigen Mitarbeiterinnen Margarete Steger und Simone Werker-Schwartz formulierte auch bei dieser Gelegenheit Pfarrer Volker Böhm. Ohne ihren Einsatz und ihre Expertise wäre „weder unsere heutige Jubiläumsfeier noch die gesamte erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre des Ambulanten Hospizdienstes denkbar“, sagte Böhm. Danach gab es „viele gute Gespräche“, wie Böhm anschließend bilanzierte. Zudem wurden Bilder aus den 25 Jahren Ambulanter Hospizdienst Monschauer Land gezeigt.  (Text: Berthold Strauch)

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