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Enges Miteinander beflügelt

Ökumene im Bistum Aachen wird vielfältig gelebt. Jüngste Entwicklungen aus der Weltkirche machen Mut.

Seit 2015 hat Monsignore Gregor Huben die Nachfolge von Prälat Herbert Hammans als Ökumenebeauftragter des Bistums Aachen angetreten.

Huben nimmt diese Aufgabe gemeinsam mit Salvatore Di Noia, Referent für Ökumene im Bistum Aachen, wahr. Die KirchenZeitung hat mit den beiden über aktuelle Perspektiven gesprochen

Worin bestehen die Aufgaben eines Ökumenebeauftragten bzw. eines Referenten für Ökumene?

Msgr. Gregor Huben Wir sind für den Bischof Ansprechpartner für andere christliche Konfessionen, um Kontakt zu halten, sowohl auf diözesaner wie auf überdiözesaner Ebene. Auf überdiözesaner Ebene arbeiten wir im Kontakt mit der evangelischen Kirche im Rheinland, der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Nordrhein-Westfalen sowie der Ökumenekonferenz auf Bundesebene. In das Bistum wirken wir hinein, indem wir mit den vier Superintendenten der evangelischen Kirchenkreise, mit dem orthodoxen Bischof Evmenios von Lefka und den Vertretern der evangelischen Freikirchen Kontakt halten. Qua Amt bin ich Vorsitzender der Ökumenekommission, die den Bischof in Fragen der Ökumene berät.

Salvatore Di Noia Ergänzt werden unsere Aufgaben durch die Beratung und Begleitung der Gemeinden vor Ort, zum Beispiel mit Fragen zur Liturgie bei ökumenischen Feiern an uns, wir geben dazu Auskünfte und unterstützen vor Ort, dass die Ökumene gut funktionieren kann.

Welche Fragen kommen da auf Sie konkret zu?

Di Noia Die Zahl der orthodoxen Kirchengemeinden ist in den vergangenen 20 Jahren – zunächst durch Zuwanderer aus den osteuropäischen Ländern, jetzt aus dem Nahen Osten – stark gewachsen. Wir begleiten neben den Fragen der Pastoral auch die Fragen der Gemeindegründungen. Wir versuchen, die Entwicklungen gut einzuschätzen und aktuell Unterstützung zu geben, beispielsweise zu Fragen des Miteinanders.

Huben Das ist wichtig, gerade im Hinblick auf die Flüchtlinge. Der erste richtige Impetus war die Frage nach Unterbringung und Versorgung. Nach und nach stellt sich nun die Frage nach einer religiösen Beheimatung. Da war es gut, dass wir das sehr frühzeitig gespiegelt bekommen haben. Der Flüchtlingsbeauftragte der orthodoxen Bischofskonferenz, Elias Esber, kommt aus unserem Bistum, aus Mönchengladbach. Mit ihm stehen wir in Kontakt in der Frage der Begleitung der Menschen vor Ort, aber auch in Fragen der Sensibilisierung unserer pastoralen Mitarbeiter für diese Thematik in den Gemeinden.

Eine große, immer wiederkehrende Frage im Blick auf die Ökumene ist: „Wann haben wir die Einheit erreicht, sodass wir gemeinsam Eucharistie/Abendmahl feiern können?“ Ich erlebe das auch für unsere Arbeit ganz konkret, dass das ein Ärgernis ist und dass das dem Auftrag Jesu „Alle sollen eins sein“ eigentlich widerspricht. Es ist der bleibende Auftrag Jesu, weiter daran zu arbeiten, dass diese Einheit – letzlich auch in der eucharistischen Einheit – sichtbar wird.

Di Noia Auf diesem Feld haben die deutschen Bischöfe in Rom dem Heiligen Vater gesagt, dass die Frage des Kommunionempfangs gerade bei konfessionsübergreifenden Ehepaaren eine schmerzhafte Frage ist. Da ist es gut, dass Papst Franziskus einen Prozess angestoßen hat, dass man diese Frage zunächst nicht kirchenrechtlich angeht, sondern vorrangig als pastorale Frage betrachtet. Man muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen, so dass vor Ort individuelle Lösungen gefunden werden können.

Huben Ganz soweit sind wir noch nicht, aber es gibt starke Bewegungen zu überlegen, wie im Fall der konfessionsverbindenden Familien gehandelt werden kann, weil die Not dort am größten ist. Wenn man Heiligabend überlegen muss: „Gehen wir in den evangelischen oder katholischen Gottesdienst?“, geht ein Riss durch die Familien, den die Kirche ganz schwer verantworten kann. Da muss ich andersherum nicht nur mein Sakramentenverständnis hinterfragen, sondern auch meine Verantwortung für die Familie.

Der neue Aachener Bischof Helmut Dieser ist sehr in der Ökumene engagiert. Was erwarten Sie?

Huben Bischof Helmut Dieser tritt in eine gute Tradition von seinen Vorgängern Klaus Hemmerle und Heinrich Mussinghoff. Beide hatten ein weites Herz in Bezug auf die Ökumene. Bischof Dieser kennt die großen Chancen, die in der Ökumene bestehen. Gerade in einem Land, das sich säkularer entwickelt, ist es gut, wenn Dinge gemeinsam in den Blick genommen werden, vor allem bei der karitativen Arbeit, wo die Zusammenarbeit ohnehin schon sehr unkompliziert läuft.

Welche Bedeutung hat die Ökumene innerhalb der Weltkirche?

Huben Papst Franziskus ist jemand, der die missionarische Dimension der Christen nach vorne bringen will. Er vertritt die Auffassung, wir Christen haben etwas anzubieten. Da ist es nicht gut, wenn die Kirche zerrissen ist. Dann wird es unglaubwürdig. Das sieht der Papst sehr wohl und tut gute Schritte in Richtung Ökumene.

Di Noia 2016 war ein herausragendes Jahr für die Ökumene. Wir haben 70 Jahre lutherischen Weltbund sowie 50 Jahre römisch-katholisch-lutherischen Dialog gefeiert, zu diesem Anlass war Papst Franziskus auch in Lund. Der Dialog bietet auch eine sehr gute Grundlage für das Reformationsjahr – für den römisch-katholisch-lutherischen Dialog, aber auch mit den reformierten Kirchen. Diese wollen bei ihrer Synode im Sommer nächsten Jahres die Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnen. Das ist ein großer Schritt und zeigt, dass eine Dynamik in allen Kirchen ist. Auch mit Blick auf den römisch-katholischen-orthodoxen Dialog war 2016 ein bemerkenswertes Jahr. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten gab es auf Kreta ein panorthodoxes Konzil. Die Rezeption bleibt abzuwarten.

2017 begeht die evangelische Kirche das Jubiläum 500 Jahre Reformation. Wie ist im Bistum Aachen das Gedenken gestaltet?

Huben Die Ausgangsfrage der deutschen Bischöfe war: Können wir die Reformation feiern? Was ist das Verbindende? Im Briefwechsel zwischen Kardinal Reinhard Marx und dem EKD-Vorsitzenden, Landesbischof Heinrich Bedford-Strom, wird deutlich, dass es das gemeinsame Bekenntnis zu Christus ist. Das ist das erste Reformationsgedenken, das in ökumenischer Verbundenheit begangen werden kann. Im Bistum Aachen würde ich den Schwerpunkt darauf legen, dass die guten Beziehungen, die wir haben, fortentwickelt und vertieft werden.

Di Noia Die gemeinsame Pilgerreise katholischer und evangelischer Bischöfe mit Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strom in das Heilige Land hat gezeigt: Es besteht ein enges Miteinander zwischen den beiden Konfessionen. Das ist eine grundsätzliche Aussage und nicht an das Reformationsjahr gekoppelt. Das beflügelt. Neben dem Inhalt Luther hat das Reformationsjahr zwei weitere Aspekte erhalten: zum einen die Fokussierung auf Christus, das ist auch das Verbindende zu den anderen Konfessionen. Das zweite ist der Aspekt der Versöhnung. Viele Menschen haben unter der konfessionellen Trennung gelitten. Diese Erfahrungen sollen auch im kirchlichen Raum aufgearbeitet werden. Das ist auch im Gottesdienst bei uns am 17. Januar im Aachener Dom ein Thema.

Huben Das ist der katholische Akzent, den wir setzen wollen. Gemeinsam mit allen vier Superintendenten und Bischof Evmenios im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen gemeinsam für die Einheit der Christen zu beten. Gemeinsam wollen wir uns aber auch den Verletzungen und den Fehlern stellen, die es auf beiden Seiten gegeben hat.

Wie sehen Sie die Zukunft der Ökumene?

Huben Das Jahr 2017 bietet gute Gelegenheit, die Ökumene auf den verschiedenen Ebenen zu vertiefen. Vor allem im sozialen und katechetischen Bereich sind da noch nicht alle unproblematischen Möglichkeiten ausgeschöpft.

Di Noia Es hat sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen. Mentalitätsunterschiede führen nicht mehr automatisch zur Ausgrenzung. Unterschiede können besser und konstruktiver ausgehalten werden. Das verschafft uns Zeit, um zentrale Fragen theologisch fundiert zu bearbeiten und da, wo es brennt, auch kurzfristig zu praktischen Lösungen zu kommen.

Das Gespräch führte Kathrin Albrecht

(Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 02/2017)

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