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"Frieden kann nur entstehen, wenn Menschen überall menschenwürdig leben können"

Der Aachener Friedenspreis geht an den Priester Père Antoine Exelmans - Verleihung am 10. Dezember in der Aula Carolina

Der Aachener Friedenspreis ist ein Preis für Frieden und Menschenrechte. Und auch ein Preis für christliche Nächstenliebe und Ökumene, mag man in diesem Jahr meinen. Die Mitglieder des Vereins Aachener Friedenspreis votierten 2020 für die Vorschläge des Kirchenkreises Jülich und des katholischen Hilfswerks Misereor. Am 10. Dezember bekommen Père Antoine Exelmans aus Marokko sowie das Centro Gaspar Garcia de Direitos Humanos (Zentrum für Menschenrechte Gaspar Garcia) aus Brasilien, vertreten durch Rechtsanwalt und Sozialarbeiter Benedito Roberto Barbosa, den mit jeweils 2000 Euro dotierten Aachener Friedenspreis verliehen. Sie werden damit für ihren Einsatz für entrechtete Menschen unabhängig von Herkunft oder Religion ausgezeichnet.

Geflüchteten aus Elend und Gefahr der Illegalität befreien

„Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war nackt und ihr habt mich gekleidet.“ Mit diesem Jesuswort aus Matthäus 25 begründet Exelmans seinen selbstlosen Einsatz für Geflüchtete, besonders für minderjährige, in Marokko. Seit dreieinhalb Jahren ist der katholische Priester aus Frankreich dort und fast ebenso lange gibt es eine Zusammenarbeit zwischen ihm, sowie seinem Team des Gemeindezentrums in Oujda nahe der algerischen Grenze und dem Kirchenkreis Jülich. „Wir suchten etwas blauäugig einen Ort, an dem wir bis zu 15 minderjährige Geflüchtete versorgen und aus dem Elend und der Gefahr der Illegalität holen konnten“, berichtete Hans-Joachim Schwabe vom Kirchenkreis Jülich, Mitglied des Jülicher Marokko-Ausschuss, in dem auch der Aachener Kirchenkreis vertreten ist. „Père Antoine Exelmans bot uns sein Gemeindezentrum für einen symbolischen Mietpreis an.“

"Er ist den Kindern und Jugendlichen sehr zugewandt"

Seitdem arbeitet und lebt Exelmans mit weit mehr als 15 Geflüchteten zusammen, da das Pfarrhaus auf dem Gelände des Gemeindezentrums steht. Denn natürlich hatte sich die Qualität dieser Zufluchtsstätte für minderjährige Geflüchtete angesichts ständiger Gefahr aufgegriffen, verschleppt oder verschiedenen Mafia-Gruppen in die Hände zu fallen, schnell herumgesprochen. „Er ist den Jugendlichen und Kindern sehr zugewandt. Er gibt ihnen zu essen und einen sicheren Schlafplatz, oft befreit er sie. Er gibt ihnen aber eben auch eine Perspektive, wie es weitergehen kann“, so Schwabe.

Der Friedenspreis als Appell an Europa

Das Engagement für Entrechtete wird wie in vielen Teilen der Welt auch in Marokko kritisch beäugt. „Offiziell ist es verboten, sich für Geflüchtete mit einem illegalen Aufenthaltsstatus zu engagieren“, wusste Schwabe zu berichten. „Es wird geduldet, aber man weiß nie, wie lange.“ Gerade auch deshalb sei der Friedenspreis ein erneuter Appell an Europa, denn der Druck Europas auf Länder wie Marokko sei groß, Menschen an der Weiterreise nach Europa zu hindern. „Das, was wir jetzt im griechischen Moria sehen, ist keine Ausnahme. Es ist die Regel – im Balkan, an der afrikanischen Küste – weil es das europäische System ist“, kritisierte der Jülicher Superintendent, Jens Sannig, scharf.

Friedenspreis geht auch an Zentrum für Menschenrechte in Brasilien

Der zweite Preisträger ist das das Centro Gaspar Garcia (CGG). Es entstand im Jahre 1988 aus der Empörung über Gewalt gegen die arme Bevölkerung und strukturelle Ungerechtigkeit in der brasilianischen 21-Millionen-Metropole São Paulo. Der Namenspatron des Centro war ein spanischer Priester und Menschenrechtsaktivist, der 1978 in Nicaragua ermordet wurde. Barbosa, genannt Dito, engagiert sich dort mit dem Centro-Team für Menschen, die mangels bezahlbarem Wohnraum in prekären Wohnverhältnissen leben oder obdachlos sind. Sie werden immer wieder Opfer von nächtlichen Vertreibungen und gewaltsamen Umsiedlungsaktionen. Im Rahmen von „Säuberungen“ werden ganze Favelas abgerissen. Gleichzeitig sinken die staatlichen Mittel für Sozialprogramme. „Frieden kann nur entstehen, wenn Menschen überall menschenwürdig leben können“, erklärte Hilde Scheidt, Bürgermeisterin der Stadt Aachen und Vorstandsmitglied des Aachener Friedenspreises. „Wir zeichnen diese beiden Männer stellvertretend für alle aus, die ganz unten an der Basis arbeiten.“
(Text: Rauke Xenia Bornefeld)

Verleihung am internationalen Tag der Menschenrechte

Der Aachener Friedenspreis wird – anders als sonst – am Donnerstag, 10. Dezember, in der Aula Carolina an Pére Antoine Exelmans und das Centro Gaspar Garcia de Direitos Humanos verliehen. Coronabedingt musste sowohl die Wahl der Preisträger durch die Mitglieder des Vereins Aachener Friedenspreis verschoben werden wie auch die Preisverleihung. Die Wahl fiel jetzt auf den internationalen Tag der Menschenrechte. Die Zeremonie wird vor voraussichtlich 150 angemeldeten Personen in der Aula Caroline stattfinden als auch digital übertragen werden. Die beiden Preisträger werden vermutlich nicht anreisen können, sondern per Video dazu geschaltet. Die Laudatio hält Gregor Gysi, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken und rhetorisches Schwergewicht, vor Ort in Aachen.
Über das Anmeldeverfahren informiert der Verein Aachener Friedenspreis zu gegebener Zeit auf seiner Internetseite www.aachener-friedenspreis.de.

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