Aktuelles

Kommunikativ, kritisch, konstruktiv

"Kirchenleitung im Gespräch" am vergangenen Sonntag in Jülich - Vertreter aus dem Kirchenkreis Aachen melden sich zu Wort - Format der Veranstaltung findet breite Zustimmung

Eine Presbyterin sagt: „Es war informativ, die Kirchenleitung nimmt uns ernst.“ Ein Verwaltungsleiter spricht von einer guten Geste und dass „kommunizieren immer nur gut sein kann“. Und auch eine Schulpfarrerin lobt: „Die Dinge werden beim Namen genannt.“

Das sind drei Stimmen von ekir.de-Befragten nach der Veranstaltung „Kirchenleitung im Gespräch“ über die landeskirchliche Aufgabenkritik in Jülich. Es war das erste von sechs Regionalgesprächen, in denen die Kirchenleitung interessierten Gemeindegliedern die Möglichkeit zum Meinungsaustausch vor Ort geben wollte. Die Diskussionen über die Zukunft der Landeskirche in den Regionen sollen die außerordentliche Landessynode vorbereiten, die am 23. November in Hilden tagt, sowie die nächste reguläre Landessynode im Januar 2014. Diese soll konkrete Maßnahmen beschließen, wie die Evangelische Kirche im Rheinland ihren Etat für die landeskirchliche Ebene bis 2018 um 35 Prozent kürzen kann.

Lob auch aus dem Kirchenkreis Aachen

Bereits während der Diskussion war Lob für das Format der Veranstaltung gefallen. Superintendent Martin Duscha (Dinslaken) sagte, „ich habe den Eindruck, dass die Kirchenleitung ihre Verantwortung sehr gut wahrnimmt“. Aus dem Kirchenkreis Aachen meldete sich Axel Schneider, Landessynodaler und Schulleiter der evangelischen Viktoriaschule, zu Wort. Er dankte für die Veranstaltung. „Es ist eine neue Form, es ist sehr sinnvoll“ - Beifall zeigte, wie viele gleich dachten. Dabei waren Anlass und Thema nicht lustig. Und die erste Frage nach den einführenden kurzen Ansprachen war auch mal direkt: Ihm komme die Lage wie bei einem Autohersteller vor, der die Produktion verringert – aus Angst, dass sich eines Tages sein Auto nicht mehr verkauft, meinte ein Verwaltungsbeamter.

Präses Manfred Rekowski spitzte die Frage weiter zu: ob „vorausschauender Pessimismus“ am Werke sei? Und dem widersprach er: „Wir müssen jetzt weit springen.“ Es gehe nicht um Pessimismus, sondern um Realismus.

Zukunftsfähige Kirche

Vor rund hundert Teilnehmenden in der Christuskirche in Jülich hatte zunächst Vizepräsident Dr. Johann Weusmann erklärt, wie die Evangelische Kirche im Rheinland „zukunftsfähig“ gemacht werden muss. Die geplanten 15-prozentigen Kürzungen hätten langfristig keinen ausgeglichenen Haushalt ermöglicht, u.a. weil in den Berechnungen steigende Beihilfekosten fehlten, weil die Zinserträge für angelegtes Geld zu hoch kalkuliert waren und vor allem, weil für die Pensionen von Pfarrerinnen und Pfarrern, Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten sowie beamteten Lehrerinnen und Lehrer viel zu wenig Geld zurückgelegt wurde.

Weusmann: „Die Rückdeckung liegt nur bei 27 bis 34 Prozent. Hier werden wir kräftig nachlegen müssen.“ Die EKD empfehle als absolutes Minimum 70 Prozent. Der leitende Jurist der rheinischen Kirche mahnte deshalb zum Handeln: „Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir?“ Die nunmehr vorgeschlagenen 35 Prozent Kürzungen müssten auf einer echten Aufgabenkritik basieren. Die Kriterien dazu würden bei der Zukunftswerkstatt am 28. September erarbeitet. Für November ist eine Sondersynode einberufen.

"Anders" Kirche sein

Präses Rekowski betonte in seinem Eingangsstatement, bei der weitergehenden Aufgabenkritik gehe es sowohl um finanzielle als auch um inhaltliche Fragen. Der Beratungsprozess soll zielstrebig und bei breiter Beteiligung erfolgen. Rekowski: „Wir müssen gemeinsam entscheiden, wie wir unter veränderten Bedingungen anders Kirche sein wollen.“

Außerdem unterstrich er, dass die Aufgabenkritik, die ja nur die landeskirchliche Ebene betrifft, sehr wohl gesamtkirchlich kompatibel sein müsse. Denn wenn die landeskirchliche Ebene die Gemeinden und Kirchenkreise unterstützen und fördern solle, dann bestehe ja eine Abhängigkeit zwischen den Ebenen und es brauche deshalb eine Verständigung darüber, wie die landeskirchlichen Angebote aussehen sollen.

Der nächsten Generation Gestaltungsmöglichkeiten lassen

Nach Nachfragen zum Thema Versorgungskasse mahnte der Präses, die Risiken nicht der nächsten Generation zu hinterlassen, ihr nicht die Gestaltungsmöglichkeiten zu nehmen. Dr. Weusmann erinnerte daran, dass die Zahlung der Pensionen Rechtsverpflichtungen sind.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer dürften aber nicht als „Geldfresser der Nation“ gelten, mahnte die Aachener Pfarrerin Asta Brants, die Vorsitzende der Pfarrvertretung, andere „Geldfresser“ seien bbz und NKF. Ihren geäußerten Zweifeln an der negativen Lage der Versorgungskasse widersprach Dr. Weusmann, der „hofft, die Pfarrvertretung an unserer Seite zu haben“. Im Blick auf die Rettung des Rechenzentrums für Beihilfen und Bezüge bbz erklärte der Präses, warum dies die Vermeidung eines „Flurschadens“ war. Und beim Neuen Kirchliche Finanzwesen (NKF) gebe es zwar Umsetzungsfehler, „daran haben wir zu knabbern“, eine „Rolle rückwärts“ könne er sich aber nicht vorstellen.

Keine inhaltlichen Festlegungen

Auf die Frage eines Teilnehmers hin, wann die rheinische Kirche ihre sog. Eröffnungsbilanz vorlege, sprach der Vizepräsident von einer unbefriedigenden Situation, die Eröffnungsbilanz 2012 sei in Arbeit, der Abschluss 2011 da, allerdings noch ungeprüft. „Trotzdem kennen wir unseren Haushalt“, stellte Weusmann klar. Mögliche marginale Veränderungen fielen angesichts des Sanierungsbedarfs nicht ins Gewicht.

Mehrere Fragen drehten sich um konkrete Aufgaben oder Arbeitsfelder, beispielsweise wurde nach der Bedeutung der Schulen gefragt. Dazu stellte der Vizepräsident klar: „Es gibt noch keine Festlegung, wo gekürzt wird.“ Dies sei der synodalen Entscheidung vorbehalten. Und der Präses machte deutlich: „Es wird einen inhaltlichen Aufschlag geben, das ist klar.“ Aber man habe den Prozess nicht schon zu Beginn abschließen wollen.

Auch der Ort der außerordentlichen Landessynode – das Schulzentrum Hilden – tauge nicht zur „Überinterpretation“, so der Präses. „Hilden statt Hilton“ kann man seine Erläuterungen zusammenfassen: Die Synode tage in Hilden, weil dieser Ort eine kostengünstige Tagung ermögliche. Zum Inhalt der außerordentlichen Landessynode hatte im Gespräch auch Dr. Matthias Quarch, Mitglied im Aachener Kreissynodalvorstand und Landessynodaler, nachgefragt.

Partizipation geht weiter

Bei allem Lob im Blick auf das Format „Kirchenleitung im Gespräch“: Eine Teilnehmerin gab der Kirchenleitung zu bedenken, dass für echte Partizipation „mehr kommen muss“, etwa Szenarien, über die sie nachdenken kann. Die Partizipation müsse weitergehen, gab ihr der Präses zu. So würden Kooperationen sehr wahrscheinlich – etwas, worüber man dann bald ins Gespräch kommen sollte. Er bedankte sich zum Schluss bei allen Teilnehmenden für die „faire, offene, konstruktive Diskussion“.

Auch der Präses zog gegenüber ekir.de ein positives Fazit: Das Format finde breite Zustimmung, er sei sehr zufrieden. Und Vizepräsident Dr. Johann Weusmann spricht von der Ermutigung, diesen Weg weiterzugehen. Natürlich entscheide die Landessynode. Hinzukomme dieses „aufnehmende, ungezwungene Format“. Und das geht gerade in Serie: Die Kirchenleitung ist noch fünf weitere Male im Gespräch.

(Text: Anna Neumann, ekir.de)

Ansprechpartner:innen

Heike Keßler-Wiertz

Vorständin

Geschäftsstelle
Reichsweg 30
52068 Aachen

0241 / 56 52 82 90

N.N.

Sprecher:in des Vorstandes

0241 / 56 52 82 90