Dass die Pfarrerinnen und Pfarrer im Kirchenkreis Aachen beim monatlichen Pfarrkonvent ihre Ausweise abgeben und durch eine Sicherheitsschleuse treten müssen, ist eher ungewöhnlich. Doch der Pfarrkonvent in dieser Woche war kein gewöhnlicher – schließlich fand er in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen statt. Dorthin hatte Gefängnispfarrerin und –Seelsorgerin Sabine Reinhold ihre Kolleginnen und Kollegen eingeladen, um über ihre Arbeit zu berichten und Denkanstöße zu geben zum Umgang mit Inhaftierten.
„Keine Gefangenseelsorge, sondern Gefängnisseelsorge“
Pfarrerin Reinhold ist gemeinsam mit Pfarrer Ulrich Eichenberg als evangelische Pfarrerin und Seelsorgerin in der JVA Aachen tätig. Dort arbeitet sie in erster Linie in der Untersuchungshaft – also in dem Teil der Anstalt, in dem Männer leben, die noch auf ihre Urteilsverkündung warten. Derzeit sind das circa 350 Männer, wobei die „Durchlaufzahl“ mit 2000 bis 3000 Häftlingen pro Jahr deutlich höher ist. Regelmäßig finden evangelische Gottesdienste in der JVA statt, jeweils einer für die Menschen aus der Untersuchungshaft und einer für diejenigen aus der Strafhaft. Wobei nicht nur Inhaftierte das Angebot wahrnehmen: Sie sei „keine Gefangenenseelsorgerin, sondern Gefängnisseelsorgerin“, betonte Reinhold ausdrücklich. Als solche ist sie sowohl für die Gefangenen als auch für die Bediensteten seelsorgerisch tätig. Immer wieder nehmen Bedienstete auch aktiv am Gottesdienst teil.
Gottesdienst unter besonderen Bedingungen
Die Gottesdienste in der JVA laufen dabei durchaus anders ab als in den anderen Gemeinden im Kirchenkreis. Und das nicht nur aufgrund der anwesenden Sicherheitsbeamten. Manchmal müsse sie in ihren Gottesdiensten auch disziplinieren und um Ruhe bitten, erzählte Reinhold, wobei sie Verständnis habe dafür, dass Inhaftierte den Gottesdienst auch für persönliche Gespräche nutzen: „Der Gottesdienst ist für viele hier die einzige Möglichkeit, sich spontan und ohne Verabredung mit anderen zu treffen.“ Dennoch werde sie auch immer wieder nach Gottesdiensten von Inhaftierten und Bediensteten angesprochen, denen eine Andacht besonders nahegegangen ist und die sich persönlich dafür bedanken wollten. Und so manches allgemein bekannte Kirchenlied sei auch im Gefängnis ein Hit.