VON RAUKE XENIA BORNEFELD
Kornelimünster. Ein bisschen Mühe hatte Moderator Peter Pappert, Redakteur unserer Zeitung, seine beiden Gesprächspartner in der Bergkirche am Montagabend tatsächlich zu einem Streitgespräch zu animieren. Weit ist der Weg der Ökumene schon beschritten worden, und das Reformationsjahr 2017 hat die Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten noch einmal befeuert. Doch es gibt nach wie vor Unterschiede in der Glaubensauffassung und auch Verletzungen aus der älteren und jüngeren Vergangenheit. Daraus machten Hans-Peter Bruckhoff, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Aachen, und Salvatore DiNoia, Referent für Liturgie und Ökumene im Bistum Aachen, bei ihrer äußerst harmonischen, aber auch höchst theologischen Diskussion keinen Hehl. „Ich kann mich über die Unterschiede in der Glaubenslehre nicht beruhigen, wenn ich doch annehme, dass Gott auch in anderen Kirchen präsent ist", meinte Bruckhoff.
2001 habe es die „Eiszeit in der Ökumene" gegeben, als die Erklärung „Dominus Iesus" von der Kongregation für die Glaubenslehre des Vatikans herausgegeben und damit die Heilsuniversalität der römisch-katholischen Kirche verkündet wurde. „Im Bistum Aachen wurde damit anders umgegangen als in anderen Bistümern. Trotzdem hat das Verletzungen bei den evangelischen Christen verursacht", erinnerte sich Bruckhoff. Die seien zwar in vielen Gesprächen aufgearbeitet und durch die lokalen Beziehungen geheilt worden. Dennoch habe er nicht damit gerechnet, dass sich das Bistum zum Reformationsjubiläum einladen lasse und sich zudem mit eigenen theologischen Überlegungen daran beteilige.
DiNoia hob das Ökumene-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils hervor, „das wichtiger ist als ,Dominus Iesus'". Dahinter könne keine Erklärung zurückfallen. Auch wenn es zunächst auf die Beziehungen zu den orthodoxen Christen gezielt habe, wirke es doch auf alle christlichen Kirchen. Auch die gemeinsame Erklärung zu Luthers Rechtfertigungslehre von 1999 sei ein wichtiger Schritt gewesen: „Alle rechtens Getauften sind gerechtfertigt vor Gott. Damit sind alle Christen gemeint, was sich zum Beispiel daran zeigt, dass Menschen, die zum katholischen Glauben konvertieren, nicht noch einmal getauft werden. Das steht nicht mehr zwischen uns."
Doch natürlich gibt es Trennendes: Das Verständnis von Ehe zum Beispiel. In der katholischen Kirche ist die Ehe - damit ist anders als in der evangelischen Kirche und in der neuen Gesetzgebung zur „Ehe für alle" nur eine Verbindung zwischen Mann und Frau gemeint - ein Sakrament und damit unauflöslich. „Das gilt auch, wenn zwei Christen nicht katholischen Glaubens heiraten - auch wenn das vielleicht ein wenig übergriffig ist. Aber die evangelische Trauung ist damit für uns genauso viel wert." DiNoia fände es aber auch gut, wenn die katholische Lehre ein wenig stärker die orthodoxe Theologie reflektiere. „Die erkennt an, dass Gott eine Ehe auflösen kann, in dem sich die Ehepartner auseinanderleben." Die brennendsten seelsorgerischen Aufgaben in der katholischen Kirche ergäben sich aus dem Eheverständnis: Ausschluss von der Kommunion für Wiederverheiratete und die fehlende Möglichkeit, als kon-fessionsverbindendes Ehepaar gemeinsam zur Kommunion zu gehen.
Bruckhoff erinnerte an die ebenfalls hohe Wertigkeit von Ehe in seiner Kirche - auch wenn es kein Sakrament ist. Die deutliche Annäherung auf so vielen Gebieten eröffne für ihn aber auch die Chance, „bei uns neu über Sakramente nachzudenken". Sakrament bedeute das Geheimnis der Gegenwart Gottes, und das sei seines Erachtens zum Beispiel in der Nächstenliebe zu finden.
DiNoia war auch in Sachen Abendmahlsverständnis hoffnungsvoll. Da sei man auf einem guten Weg, besonders mit den Lutheranern. Zudem wies er auf die Kompromissbereitschaft seiner Kirche in Bezug auf das Papsttum hin. „Die letzten drei Päpste haben immer betont: Wenn alles stimmt, wird das Primat des Papsttums nicht im Weg stehen." Der Weg zu voller Gemeinsamkeit sei aber steinig, so die Noia. Und wird wohl auch länger dauern als bis zum nächsten Jubiläum 2030 - 500 Jahre Augsburger Bekenntnis, das als Grundlage des Augsburger Religionsfriedens gilt. Aber viele Schritte werden derzeit gemacht.
Das Streitgespräch zwischen Superintendent Hans-Peter Bruckhoff und Salvatore DiNoia, Referent für Liturgie und Ökumene des Bistums Aachen, war Höhepunkt und Abschluss der Vortragsreihe „Von der Reformation zur Ökumene", mit dem die evangelische Kirchengemeinde Kornelimünster-Zweifall und die Pfarre St. Kornelius das Reformationsjubiläum begingen.
„Trotzdem hat das Verletzungen bei den evangelischen Christen verursacht."
HANS-PETER BRUCKHOFF, SUPERINTENDENT
(aus: Aachener Zeitung vom 05.07.2017)
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