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Von Wiederaufbau bisher keine Spur

Die aktuelle Situation der flutgeschädigten Kirchen in Gemünd und Schleiden - Warten auf Handwerker

Die Szenerie erinnert an die Tage vor fast 16 Monaten. An den Wänden des Vorraums der Evangelischen Kirche in Gemünd ist an der bräunlichen Linie noch immer deutlich der Wasserstand abzulesen, den die Flut in der Nacht auf den 15. Juli erreicht hat. Besen und Schaufeln lehnen an der Wand des Kirchenraums, als hätten die vielen freiwilligen Helfer gerade erst den Ort verlassen.

Immerhin, der Raum ist trocken, der ekelhafte Gestank nach Benzin, Öl, Fäkalien oder was immer die Urft in der Nacht nach Gemünd getragen hat, ist verflogen. Die Schilder mit den Zahlen, mit denen die Lieder für den letzten Gottesdienst angekündigt worden sind, sind mittlerweile auf den Boden gefallen. Die hölzerne Kanzel ist aus ihrer Verankerung gerissen, vom Wasser hochgedrückt, wie die Podeste für die Kirchenbänke, die aber bereits weggeräumt worden sind. Die Bänke konnten getrocknet und gerettet werden. In der Kirche in Harperscheid, deren Verkauf sich in letzter Minute zerschlagen hatte, werden sie aufbewahrt.

Kein einziges Angebot ist eingegangen

Doch von Wiederaufbau ist bisher keine Spur zu sehen. Der Grund ist einfach: „Wir bekommen keine Handwerker“, sagt Markus Plum, beim Kirchenkreis Aachen für die Bauberatung in der Synode zuständig. Mit seinem Kollegen Oliver Conzelmann von der Landessynode und Pfarrer Erik Schumacher stattet er dem altehrwürdigen Gebäude einen Besuch ab.

Zehn Firmen seien angeschrieben worden, ohne dass Angebote eingegangen seien. „Die Handwerker sind ausgelastet“, so Plum. Nun solle eine neue Ausschreibung gemacht werden.

Für den Evangelischen Kirchenkreis Aachen eine große Aufgabe, denn mit den Kirchen in Schleiden und Gemünd sind gleich zwei Gebäude getroffen. Auch das Gemünder Pfarrhaus wurde in der Nacht heimgesucht, genau wie das Gemeindebüro in der Dreiborner Straße.

Gemünder Kirche als Kulturkirche

Zumindest stelle die Finanzierung kein Problem dar. Von der Landesregierung und der Landessynode habe er den Hinweis erhalten, dass der Wiederaufbau zu 100 Prozent finanziert werde, sagt Plum. Conzelmann bestätigt das. „Die Hochwassermaßnahmen sind finanziert“, sagt er.

Doch eine andere Frage beschäftigt die Verantwortlichen im Hintergrund viel mehr: Wie sollen die Kirchengebäude demnächst genutzt werden? „Ein großer Umbruch steht an“, sagt Schumacher. Denn dass die Nutzung als reine Gebetsstätte bei sinkenden Besucherzahlen bei den Gottesdiensten nicht sehr zukunftsträchtig ist, steht für sie nicht erst seit der Flut fest. So hatte sich die Gemünder Kirche als Kulturkirche bereits fest etabliert und konnte mit einem spannenden Programm und erstaunlichen Besucherzahlen aufwarten. „Ich kann damit leben, dass meine Arbeit sich ändert“, stellt der Schleidener Pfarrer klar.

Auf dem Weg zur Beteiligungskirche

Die Pläne für die Gemünder Kirche werden so auch immer konkreter. Weg von der Angebotskirche hin zur Beteiligungskirche heißt das Motto, das Conzelmann ausgibt. Es gehe um den Neustart gemeindlicher Arbeit, ergänzt Schumacher. Es gebe viele mögliche Akteure in dem Konzept. Kirche könne dabei viel einbringen, Räume ebenso wie Ehrenamtler.

„Es geht darum, eine Quartierskirche einzurichten“, kündigt er  an. Multifunktional soll der Kirchenraum in Zukunft genutzt werden. „Wie kann Kirche ihr Potenzial konfessionsübergreifend nutzen“, formuliert er den Denkansatz. Erfahrungen seien bereits mit dem Netzwerk an Urft und Olef gesammelt worden. „Das ist bereits Quartiersarbeit“, so Schumacher.

So sei vorstellbar, dass die Kirche die Funktion eines Dorfsaales übernehmen könne, erläutert Plum. Zum Beispiel könnten Geburtstagsfeiern im Kirchenraum ausgerichtet werden. „Die Frage ist, will die Bevölkerung das?“, fragt er. Gottesdienststätte solle die Kirche aber auch weiterhin bleiben.

Unsicher ist aber die Finanzierung. „Wir suchen nach Möglichkeiten, wir haben das Geld nicht, das zu realisieren“, macht Schumacher deutlich. Die personelle Ausstattung für die Umsetzung der Pläne stelle ein Problem dar. Ein Antrag, um den notwendigen Finanzbedarf zu erheben, sei bereits unterwegs.

Schleidener Kirche könnte Gedenkstätte werden

Die Pläne für die Kirche in Schleiden gehen in eine andere Richtung. So ist ein Gedanke, in der Kirche dauerhaft eine Gedenkstätte einzurichten, die an die Flut erinnern soll. Ansonsten soll die Kirche weiterhin für Schulgottesdienste, Trauungen und Beerdigungen genutzt werden. Gottesdienste seien allerdings dort nicht mehr vorgesehen, so Schumacher.

Eine gute Nachricht hat Erik Schumacher noch parat: „Der Orgel in Gemünd geht es gut.“ Sie wurde gegen die Feuchtigkeit gut eingepackt und zeigt keine Schimmelbildung. Schlechter sehe es dagegen in Schleiden aus, wo die Orgel die Flutnacht und die im Kirchenschiff herrschende Feuchtigkeit nicht unbeschadet überstanden hat.

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Quelle: Andreas Steindl

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