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Bauteile in Licht übersetzt

Interview mit der Architektin Prof. Gesine Weinmiller

Entwurf für das Holocaust-Denkmal, Umbau der Amtssitze des Bundestagspräsidenten und des Bundeskanzlers, Neubau des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt, Justizzentrum in Aachen – nun haben Sie eine Kirche entworfen, für den Neubau an der Vaalser Straße. Sie haben damals gesagt, dass Sie sich sehr darauf gefreut haben. Was hat Sie daran gereizt?
Weinmiller: Das Tolle an einer Kirche ist, dass sie nur einem einzigen Zweck dient. Man entwirft einen Raum, der nur für die Kontemplation da ist. Er besteht nur aus Raum, Licht und Luft. Für jeden Architekten, ob Christ oder Nichtchrist, ist eine Kirche eines der schönsten Dinge, die man machen kann, neben einem Museum.
EvinAC: Über Ihren Entwurf des Kirchenneubaus ist viel geschrieben worden: „Kompakt“ sei das äußere Erscheinungsbild, „rigide“ der Stil des Innenraums. Welchen Überlegungen sind Sie gefolgt bei dem Entwurf? Hat er etwas, das man „protestantisch“ nennen könnte?
Weinmiller: Wenn man protestantisch so definiert, dass man allen Zierrat weglässt, dann vielleicht. Rudolf Schwarz hat es in der Nachbarschaft [St. Fronleichnam in Rothe Erde - Anm.] ja schon vorgemacht, wie es auch katholisch sehr „pur“ sein kann. Der Besucher einer Kirche will etwas, was öffentliche Gebäude nicht leisten können, nämlich zur Ruhe kommen. Wir haben versucht, alle Bauteile einer klassischen Kirche – also Haupt- und Seitenschiffe, Obergaden, Apsis – in Licht zu übersetzen. Alles besteht aus indirektem Licht, die Wände stehen so, dass sie immer das Licht von oben oder von der Seite widerspiegeln. Der Lichtraum wird spektakulär sein und nicht zurückhaltend.
EvinAC: Welche Rolle spielt die Auswahl der Materialien in Ihren Entwürfen?
Weinmiller: Da wäre nach oben hin noch Luft. Aber es ist durchaus in Ordnung, dass ein Bauherr eine Summe x festlegt. Daraus ergeben sich dann die Materialien. Im Inneren wird es schlicht weiß sein, im Außenraum werden geschlemmte Ziegel verwendet. Es wird eine schöne Athmosphäre bekommen.
EvinAC: Sie haben an der Technischen Universität München studiert und waren auch Professorin an der Hamburger Kunsthochschule. Gehört Architektur für Sie eher in die Kategorie Kunst oder Ingenieurswissenschaft?
Weinmiller: Architektur gehört in die Kategorie Handwerk. Die Kunst dient und genügt sich selbst, während die Architektur einen Zweck verfolgt. Man muss sich in einem Raum aufhalten können, einen Gottesdienst feiern können.
EvinAC: Sie waren auch Ratsmitglied der Ev. Kirche in Deutschland (EKD). Wie ist Ihr Bezug zum Protestantismus, wie sind Sie aufgewachsen?
Weinmiller: Es liegt nahe, wenn man irgendwann im Rat der EKD landet. Aber ich bin kein Kirchengewächs. Die EKD hat ein bisschen mit mir gefremdelt und ich mit der EKD.
EvinAC: Sie hatten die Idee, den Innenraum der Schlosskirche zu Wittenberg zum Reformationsjubiläum ganz in Weiß zu verkleiden. Was ist daraus geworden? Welche anderen Kirchenprojekte haben Sie entworfen?
Weinmiller: Ich habe das Projekt in Wittenberg zwar gemacht, aber am Ende hat man es doch nicht gewollt. Ich habe die Evangelische Kirche in Moers renoviert, besser gesagt: Sie wurde zerlegt und ich habe die groben Rahmenbedingungen entwickelt, wie man sie wieder zusammenflickt, und einen Altar entworfen. Für die Kirche im Gefängnis in Plötzensee habe ich ein Farbkonzept entworfen, mit einer blauen Decke. Ein Low-Budget-Projekt, das aber sehr gut angenommen worden ist.
EvinAC: Vielen Dank für das Gespräch! Ihre Projekte sind unter <link http: www.weinmiller.de external-link-new-window external link in new>www.weinmiller.de einsehbar.

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