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Mahnung zu christlicher Verantwortung für Geflüchtete

Besonderer Gottesdienst in der Genezareth-Kirche zusammen mit dem Verein Sea-Eye und dem Bündnis Seebrücke - Wegweiser fordert seitdem zum Hinschauen auf

Am Buß- und Bettag wurde in der Genezareth-Kirche Aachen ein besonderer Gottesdienst gefeiert, der die Situation von Flüchtlingen in den Blick nahm, die auf der Flucht aus Armut, Krieg, Klimawandel oder politischer Verfolgung ihr Leben riskieren. Der Gottesdienst wurde zusammen mit Vertretern des Vereins Sea-Eye und dem Bündnis Seebrücke vorbereitet und gestaltet.

Der Gottesdienst befasste sich intensiv mit der Situation der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und fragte nach unserer christlichen Verantwortung. Pfarrerin Bettina Donath-Kreß wies zu Beginn des Gottesdienstes mit Bedauern darauf hin, dass der Buß- und Bettag bei uns schon seit vielen Jahren kein gesetzlicher Feiertag mehr und damit ein Tag der Besinnung und Neuorientierung weggefallen sei. Gerade in Krisensituationen rief der Buß- und Bettag die Bevölkerung früher zu Umkehr und Gebet. Insofern sei dieser Tag auch ein politischer Tag. Diese alte Tradition griff der Gottesdienst in der Genezareth-Kirche auf und bot mit Blick auf die Situation der Flüchtlinge Gelegenheit zur Überprüfung des eignen Kurses, zur Selbstbesinnung, zur Ehrlichkeit und zum Gebet.

Menschenunwürdige Bedingungen

Vertreter von Sea Eye und Seebrücke beschrieben im Gottesdienst zunächst eindrücklich, in welchem Zustand die Flüchtlinge nach langer Irrfahrt unter menschenunwürdigen Bedingungen aufgenommen werden. Sie zeigten Bilder von Geflüchteten, die in Todesangst zusammengepfercht in ihren oft seeuntüchtigen Booten ausharren und auf Rettung warten.
Sie berichteten von den Schicksalen in den Lagern Moria in Griechenland, Libyen und Calais, die aus Not ihre Heimat verlassen haben und auch dort keinen sicheren Ort zum Leben finden können.
Die Politik hat auf die Flüchtlingssituation mit einem neuen Flüchtlingsgesetz reagiert, das auf Abschreckung setzt und Menschen daran hindern will, überhaupt nach Deutschland oder Europa aufzubrechen.
"Wie müssen sich Flüchtlinge fühlen, wenn sie nach einer lebensgefährlichen Flucht über das Mittelmeer an den Grenzen Europas abgewiesen werden und niemand sie haben will?", fragte Pfarrerin Bettina Donath-Kreß in der Predigt über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Es gäbe sie auch heute, die Retter in der Not, die auf den zivilen Seenotrettungsschiffen im Mittelmeer unterwegs seien, um Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Aber es bräuchte noch viele Menschen, die sich heute für diejenigen engagieren, die „unter die Räuber gefallen sind“. Mit dem Hinschauen fange es an.

Wegweiser gegen das Wegschauen

Darum hat sich das Presbyterium im Aachener Westen einstimmig dafür entschieden, in Zusammenarbeit mit den Ortsgruppen von Seebrücke und Sea Eye vor der Genezareth-Kirche einen Wegweiser vor der Kirche aufzustellen, der auf eben diese Orte hinweist: die libysche Küste und die Sammellager in Moria und Calais.
Im Anschluss an den Gottesdienst wurde der Wegweiser enthüllt. Er soll zum Hinschauen auffordern. Er wird sicher hier und da auch Anstoß erregen. Aber das ist gewollt. Die Gemeinde will zu Gesprächen anregen, so lebhaft und vielfältig wie nach dem Gottesdienst in der Genezareth-Kirche mit den Vertretern von Sea Eye und Seebrücke und den Besucherinnen und Besuchern des Gottesdienstes.
Denn nichts ist schlimmer als Gleichgültigkeit und Wegschauen.

Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye

Sea-Eye ist eine deutsche Hilfsorganisation zur Rettung von in Seenot geratenen, (meist) geflüchteten Menschen im Mittelmeer. Seit 2015 konnte Sea-Eye über 17.000 Menschen vor dem Ertrinken bewahren.
Im Oktober 2020 kaufte Sea-Eye mit Unterstützung des Seenotrettungsbündnisses United4Rescue, dem sich auch viele Einrichtungen der evangelischen Kirche verbunden fühlen, ein Offshore-Versorgungsschiff und baute es für den Rettungsbetrieb um. Das Schiff bietet viel Platz für die Erstversorgung geretteter Menschen, verfügt über eine moderne Krankenstation sowie über die Möglichkeit, zwei schnelle Einsatzboote zu Wasser zu lassen, um an die Menschen in Seenot Rettungswesten verteilen zu können und sie aus ihren seeuntüchtigen Booten zu evakuieren. Seit 2021 ist das Schiff Sea Eye 4 im Einsatz im Mittelmeer.

Das internationale Bündnis Seebrücke

Das Bündnis Seebrücke ist eine international tätige Gruppierung, die sich seit 2018 in Gestalt vieler lokaler Gruppen formiert und gegen die europäische Einwanderungspolitik und insbesondere gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung im Mittelmeer richtet. Die im Bündnis tätigen Akteure solidarisieren sich mit den Flüchtenden und fordern die Politik auf, sichere Fluchtwege zu schaffen. Mit Demonstrationen und Protestaktionen auf dem Land und in der Stadt streiten sie mit ihren zahlreichen lokalen Gruppen für eine Migrationspolitik die auf den Grundsätzen der Solidarität und der Menschenrechte basiert.

Text: Sabine Rey und Bettina Donath-Kreß

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