Stolberg/Zweifall. Es ist Wochenende, Nachmittag und die meisten Menschen machen sich auf, um ihre Vorräte zu ergänzen oder bei einem Geldinstitut noch ein paar frische Banknoten abzuholen. Es ist nicht gerade die Zeit, in der gläubige Menschen auf Kirchgang programmiert sind – und doch läuten die Glocken von St. Rochus in Zweifall, und auch am Portal von St. Mariä Himmelfahrt an der Salmstraße geben sich Besucher des Gotteshauses immer wieder die Klinke in die Hand. Denn es ist Weltgebetstag der Frauen, und dieser Tag bringt auch in der Kupferstadt und den zugehörigen Orten nicht gerade wenige Christinnen beider großer Konfessionen auf die Beine.
Ökumene wird gelebt, auf der Mühle und in Zweifall. In dem Dorf am Eingang zur Eifel ist das für jeden sichtbar in die Geschichte eingeschrieben: Zwei Kirchtürme prägen das Weichbild, ein katholischer und, schon seit 1683, ein evangelischer. Wer hier wohnt, rückt eng zusammen. Und dieses dichte Miteinander wird auch beim Weltgebetstag spürbar: Rund 30 Frauen sitzen in den vorderen Bänken des nüchternen Raums von St. Rochus, derweil – zusammen mit anderen aktiven Frauen – die evangelische Sozialarbeiterin Petra Jentgens und die katholische pensionierte Pastoralreferentin Anne Radermacher gemeinsam agieren.
Denn der Gebetstag folgt einer Liturgie, die, wie in jedem Jahr, von Frauen des Landes im Fokus erarbeitet worden ist. In diesem Jahr steht Kuba im Mittelpunkt, und das sieht der Besucher auch gleich: Im Altarraum steht nicht nur eine Leinwand als Projektionsfläche, sondern auch eine Tafel, auf der neben einigen Illustrationen auch die kubanische Flagge prangt.
Petra Jentgens, Anne Radermacher und andere an der Gestaltung des Gottesdienstes Beteiligte tragen kurze biografische und Besinnungstexte der Frauen aus Castros karibischer Inselrepublik vor. Sie werden zu ihrer Stimme. Welten berühren sich, scheint es.
Gleichwohl spielen auch die Sorgen, Ängste und Fragen der Menschen vor Ort eine Rolle. Petra Jentgens und Anne Radermacher verteilen Zettel, die wie Blütenblätter zurecht geschnitten sind. Sie laden die Gottesdienst-Teilnehmer ein, ihre Wünsche und Ängste auf diese kleinen Stücke Papier zu schreiben. Und wieder bewegen sich kleine und große Welt auf einander zu. Die Sorge um Frieden, das Einvernehmen zwischen seit langer Zeit Ansässigen und Zuwanderern, die Menschlichkeit im Alltag: Das und noch mehr wird thematisiert und landet schließlich auf der Stellwand mit der Fahne Kubas, sichtbares mit den fern von hier Lebenden und dabei zugleich dessen, was die Menschen in Zweifall umtreibt.
Ganz nebenbei pflegen die Frauen von Zweifall ihre ganz besondere Nähe, die Art und Weise, wie sie im Alltag den Dialog der Konfessionen leben. Kaffee und Kuchen im Pfarrheim bieten Gelegenheit zum Gedankenaustausch. Ganz basisnah, so wie Christentum in Stolberg und Zweifall gelebt wird.